Als Mercedes-Benz vor knapp über 20 Jahren die erste A-Klasse präsentierte, überraschte sie mit einem revolutionären Fahrzeugkonzept – kurz, effizient und vorbereitet auf eine elektrische Zukunft, von der man damals glaubte, sie stünde unmittelbar bevor. Zwei Modellgenerationen lang gab die A-Klasse den Sonderling ohne sportlichen Anspruch: Dem VW Golf, dem Audi A3 oder auch dem BMW 1er konnte sie nicht gefährlich werden. Dann folgte ein radikaler Kurswechsel: 2012 wurde die A-Klasse zu einem sportlichen und lifestyle-orientierten Kompaktwagen. Jetzt bringt Mercedes-Benz die A-Klasse der vierten Generation auf den Markt.
Mit dem Schwenk zu einem sportlicheren Konzept ist die A-Klasse zum zweiten Rückgrat der Modellpalette von Mercedes-Benz geworden. Schon vom aktuellen Modell gab es vier Ableitungen: Die B-Klasse, den Crossover GLA sowie den schicken CLA und seine Shooting-Brake-Variante. In Zukunft kommen außerdem eine A-Klasse-Limousine mit Stufenheck und kurzem oder langem Radstand sowie eine Art kleines G-Modell namens GLB hinzu. Zu diesen acht Varianten gesellen sich außerdem zwei Elektromodelle der Marke Mercedes-EQ.
Kein Wunder, dass Daimler inzwischen größtes Augenmerk auf die kompakte MFA-Architektur legt. Und sie mit derart fortschrittlicher Technologie ausrüstet, dass die Konkurrenz weit ins Hintertreffen gerät. Paradebeispiel dafür ist die Benutzeroberfläche MBUX, die unter anderem über einen berührungsempfindlichen Zentralbildschirm, ein neues Touchpad in der Mittelkonsole und eine intuitive Sprachsteuerung verfügt, die auch relativ unpräzise Ansagen wie „mir ist zu heiß“ interpretieren kann.
Eindrucksvoll ist die optische Darstellung in unterschiedlichen Stilen auf zwei Bildschirmen, die den Eindruck einer durchgehenden Glasfläche vermitteln. Und die Systeme zum teilautonomen Fahren liegen auf dem Niveau einer S-Klasse. Das hochwertige Interieur, das mit offenporigen Hölzern akzentuiert werden kann, wird durch ein Ambientelicht-System mit 64 Farben und verschiedenen Lichtstimmungen erleuchtet. Teilweise handelt es sich bei diesen Merkmalen zwar um Sonderausstattungen, doch schon die Einstiegsvariante verfügt über TFT-Bildschirme. Analoge Instrumente gibt es nicht mehr.
Das alles wirbelt das Segment durcheinander. Denn traditionell werden derartige Innovationen von oben nach unten durchgereicht, um die Modellhierarchie zu unterstreichen. Insider berichten, dass bei Wettbewerbern angesichts des Bedienkonzepts der neuen A-Klasse „helle Panik“ ausgebrochen ist.
Auch das Fahrwerks- und Antriebs-Portfolio der A-Klasse wurde erheblich aufgewertet. Abhängig von der Leistungsklasse wird hinten eine Verbundlenkerachse oder eine aufwendige Vierlenkerachse eingebaut. Die Radgrößen liegen zwischen 16 und 19 Zoll, und es stehen drei Fahrwerke zur Auswahl.
Unter der Haube stecken zum Marktstart 1,3-Liter- bzw. 2,0-Liter-Ottomotoren oder ein 1,5-Liter-Turbodiesel. Der Diesel und der kleinere Benzinmotor wurden gemeinsam mit Renault entwickelt – ein Umstand, über den man in Stuttgart eher ungern spricht. Der größere Benzinmotor gehört hingegen zur neuen Vier- und Sechs-Zylinder-Motorenfamilie von Daimler. Für die Kraftübertragung sorgen eine Sechs-Gang-Handschaltung oder ein Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Gegen Aufpreis gibt es bei einigen Versionen Allradantrieb.
Die Motorenpalette ist damit noch nicht komplett. Es dürfte zwei AMG-Varianten geben: Eine Spitzenversion mit über 400 PS und eine etwas zivilere Variante mit rund 300 PS. Man darf davon ausgehen, dass das Topmodell eine Antwort auf den Audi RS3 geben wird, der den bisherigen, 381 PS starken AMG A45 mit glatten 400 PS überholt hat. Und dann soll es auch noch Elektrovarianten geben, die allerdings nicht als A-Klasse laufen werden.
Die A-Klasse ist harmonischer und gleichzeitig sportlicher proportioniert als das Vorgängermodell, das mit hoher Nase und dem ungewöhnlichen Knick in der Seitenpartie polarisierte. Das neue Modell kommt mit deutlich abgesenkter Motorhaube, einem nach unten öffnenden Grill und den extrem schlanken Scheinwerfern – wie ein kleiner CLS.
Übrigens sind die Designer nicht übermäßig dogmatisch vorgegangen. Zwar gehört es zur Doktrin des aktuellen Mercedes-Designs, so viele Linien wie möglich vom Grundkörper herunterzunehmen. Doch die Flanken werden hier von einer Schulterlinie akzentuiert, die auf die schöne Bezeichnung „catwalk line“ hört. Diese zusätzliche Linie verleiht der Form Eleganz und Spannung. Am Heck finden sich erstmals breite, vertikal geteilte Rückleuchten; den unteren Abschluss bilden „kalte“ Auspuffblenden aus Chrom, während der tatsächliche Auspuff unsichtbar bleibt. Der Luftwiderstandsbeiwert liegt bei geradezu unglaublichen 0,25. Das ist ein Rekordwert in der Klasse der kompakten Steilheck-Limousinen.
Dass mit der neuen A-Klasse ein neuer Stil einzieht, manifestiert sich auch auf der Mercedes-Webseite: Dort werden Interessenten und potentielle Kunden konsequent geduzt. Sie können sich für die etwas ungehobelte Ansprache später revanchieren: Die Benutzeroberfläche pariert auf „Hey Mercedes“. (ampnet/jm)