Autobesitzer in Deutschland müssen sich möglicherweise auf eine knallharte Winterreifenpflicht einrichten. Wie der ACE Auto Club Europa am Mittwoch in Stuttgart berichtete, befindet sich die bisherige Verhaltensvorschrift in § 2 Abs. 3a der Straßenverkehrsordnung (StVO) auf dem Prüfstand. Gemäß dieser Vorschrift wird derzeit lediglich eine „geeignete Bereifung“ sowie eine an die „Wetterverhältnisse angepasste Ausrüstung“ verlangt. Die erst im Mai 2006 in Kraft gesetzte Vorschrift ist nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg (AZ: SsRS 220/09) aber wegen Verstoßes gegen das sogenannte Bestimmtheitsgebot verfassungswidrig.

Der Richterspruch löste in mehreren Berliner Ministerien hektische Betriebsamkeit aus. Nach Informationen des ACE hat das Bundesverkehrsministerium die für Verfassungsfragen zuständigen Bundesministerien (BMJ und BMI) eingeschaltet. Sie sollen das Urteil hinsichtlich etwaiger gesetzgeberischer Konsequenzen prüfen. Ergebnisse der Überprüfung liegen aber noch nicht vor. Der Spruch der OLG-Richter hat praktisch zur Folge, dass Autofahrer, die bei Winterwetter ohne Winterreifen unterwegs sind, nicht alleine deswegen mit einem Bußgeld bestraft werden dürfen.

Nach Ansicht des ACE ist die Einführung einer generellen Winterreifenpflicht als Ausrüstungsvorschrift derzeit noch nicht ohne weiteres möglich. Künftig könnte sich dies jedoch aus EU-rechtlichen Gründen ändern, merkt der Club unter Berufung auf die Einschätzungen verschiedener Berliner Ministerien an. Mit der Verordnung (EG) Nr. 661/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 sollen genauere Anforderungen an die Reifen festgelegt werden. Dabei wird die Europäische Kommission spezifische Verfahren, Prüfungen und Anforderungen für die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten festlegen. Dies – so der ACE – gelte folglich auch die Merkmale, die ein Reifen aufweisen muss, um als Spezialreifen etwa für den Einsatz im Winter zu gelten.

Nach Informationen des Clubs wird in den bereits aufgenommenen Beratungen auf EU-Ebene auch die Mindestprofiltiefe von Winterreifen neu debattiert. Nach gegenwärtigem Recht darf die Mindestprofiltiefe 1,6 Millimeter nicht unterschritten werden. Verkehrssicherheitsexperten halten demgegenüber bei Winterreifen eine Profiltiefe von mindestens vier Millimeter für erforderlich. In einer an den ACE gerichteten Stellungnahme des Bundesverkehrsministeriums heißt es: „Deutschland wird sich in den Beratungen auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass die Anforderungen an Reifen so festgesetzt werden, dass mit ihnen bei winterlichen Straßenverhältnissen in Deutschland sicher am Verkehr teilgenommen werden kann“. (ampnet/Sm)

3 Kommentare

  1. Das ist wieder mal typisch, die Politik ist sich zwar einig eine Winterreifenpflicht einzuführen, aber die rechtlichen Rahmenbedingungen können Sie sich nicht festlegen.

    Der Hohn ist natürlich auch die Mindestprofiltiefenregelung. Winterreifen mit 1,6 mm Profiltiefe sind noch schlechter als Sommerreifen mit 6 mm Profiltiefe. Da sollte man erst mal die Profiltiefe neu regeln damit die Winterreifenpflicht Sinn macht.

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