Ford FusionVon Weltautos spricht die Branche schon lange, den gewünschten Erfolg hatten sie selten. Das gilt auch für Ford: Bei dem 1980 als globales Modell geplanten Escort gab es in der Serie praktisch keine Gleichteile mehr. Und die erste Generation des Mondeo wurde in Amerika als Contour verkauft – wo sie sich als zu kompakt erwies. Doch jetzt holt der US-Konzern unter der Ägide des „Ford One“-Programms zum großen Wurf aus. Die kleineren Baureihen sind bereits weitgehend baugleich, nun folgt der Mondeo. In Amerika gibt es ihn bereits – und dort haben wir ihn in mehreren Varianten unter die Lupe genommen.

Zwar hört der Mittelklässler in den USA auf die Modellbezeichnung Fusion, aber im Grunde handelt es sich um das gleiche Auto. Und das sprengt beinahe sein Segment: Stolze 487 Zentimeter misst der neue Mondeo – neun Zentimeter mehr als die noch aktuelle Modellgeneration. Mit 148 Zentimetern Höhe und 185 Zentimetern Breite ist der Neue allerdings etwas schmaler und flacher als bisher geraten. In den USA gibt es nur einen Viertürer, in Europa liegt der Schwerpunkt auf dem Fließheck mit großer Heckklappe und dem Turnier. Die Formensprache wurde übrigens mit einem von Aston Martin inspirierten Kühlergrill aufgewertet, technisch bleibt die Karosserie konventionell: Sie zeichnet sich nicht durch besonderen Leichtbau aus.

Das Raumgefühl ist weiterhin großzügig, und der Kofferraum lässt sich per umklappbarer Rücksitzbank deutlich vergrößern. Bei den angebotenen Hybridvarianten wird allerdings ein erheblicher Teil des Gepäckabteils durch den voluminösen Batteriesatz belegt. Die Durchreiche schrumpft dabei auf das Maß eines Briefschlitzes, von Variabilität kann keine Rede mehr sein.

Ausgesprochen europäisch mutet das Cockpit an; Optik und Haptik entsprechen ungefähr dem Standard, den beispielsweise ein VW Passat vorlegt. Der Zentralbildschirm, über den sich das System „My Ford Touch“ bedienen lässt, bedarf allerdings einiger Gewöhnung. Ford hat in den USA schon kräftig nachgebessert, und die wichtigsten Funktionen lassen sich mittlerweile auch über feststehende Knöpfe bedienen. Im übrigen würde der nüchternen Armaturentafel etwas Dekor gut anstehen; die 2015 kommende Topversion namens Vignale dürfte den Mietwagen-Charme vertreiben. Die Vignale-Modelle treten an die Stelle der früheren Ghia-Modelle, die erst jüngst zugunsten der „Titanium“-Varianten verschwunden sind, weil man ihre Modellbezeichnung als altmodisch empfand. Ironischerweise wurde der Karosseriebauer Vignale im Jahre 1969 von niemand geringerem als Ghia geschluckt.

Unter den von uns gefahrenen Varianten war der 1,6-Liter-Turbo-Benziner mit 126 kW / 176 PS die größte Überraschung: Der an ein präzise und leicht schaltbares Sechs-Gang-Getriebe gekoppelte Vierzylinder tritt temperamentvoll an und bringt den Mondeo relativ flott auf Landstraßentempo. Kaum besser kann es der 2,0-Liter-Turbo-Benziner mit 177 kW / 240 PS: Seine erhebliche Mehrleistung wird teilweise durch die Sechs-Gang-Automatik geschluckt, und seine Vorzüge kann er erst im oberen Geschwindigkeitsbereich ausspielen. Beiden Modellen gemein ist die angenehme Akustik; die Vibrationen sind gut gedämmt, die Maschinen klingen sonor. Wahrscheinlich wird Ford außerdem einen 1,5-Liter-Turbo ins Programm aufnehmen.

Für Liebhaber des Ausgefallenen gibt es einen Plug-in-Hybrid namens Energi: Er wird von einem 2,0-Liter-Vierzylinder-Saugmotor und einem 85 kW / 116 PS starken Elektromotor angetrieben, die maximale Systemleistung beträgt 141 kW / 192 PS. Im Hybridmodus wird dabei nahtlos zwischen den Antriebseinheiten hin- und hergeschaltet; das gedämpfte Aufheulen des Verbrennungsmotors wird durch die stufenlose CVT-Automatik unterstrichen. Wer es bedächtig angehen lässt, kommt allerdings auch rein elektrisch bis zu 30 Kilometer weit – oder erreicht nach endlosem Anlauf rund 130 km/h Spitze. Dabei kann sich der Fahrer in Ruhe jener Anzeige widmen, die besonders sparsames Fahren mit einer prächtig gedeihenden Digital-Pflanze belohnt. Bleifuß wird hingegen postwendend durch ausfallende Blätter quittiert, bis schließlich nur noch ein gerupfter Stengel übrigbleibt. Der tatsächliche Nutzen des Hybrid für die Umwelt sei übrigens dahingestellt, zumal es den Mondeo in Europa mit weiteren, sehr sparamen Aggregaten geben wird – darunter einen 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbo-Benziner und mehrere Dieselmotoren.

Das Fahrwerk des Mondeo bietet einen guten Kompromiss aus Straffheit und Langstreckenkomfort. Das präzise Einlenkverhalten und die angenehm gewichtete Servolenkung bereiten ein in diesem Segment ungewöhnliches Maß an Fahrfreude. Lediglich die Hybrid-Variante wirkt subjektiv etwas träger. Eingeschränkt wird der Fahrkomfort übrigens durch starke Windgeräusche, die ab rund 140 km/h in den Vordergrund treten und hoffentlich zur Markteinführung in Europa noch abgestellt werden.

Wenn der Mondeo im Herbst 2014 nach Europa kommt, wird er auf manchen Betrachter wie ein alter Bekannter wirken, schließlich wurde er bereits im Herbst 2012 auf dem Pariser Salon vorgestellt. Wohl auch deshalb haben die Verkaufszahlen des Vorgängers im vergangenen Jahr deutlich gelitten. Selten wurde ein Weltauto so sehnlich erwartet. (ampnet/jm)

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