Opel hat für den neuen Astra ein phantastisches Design versprochen. Davon war zwar unter der Flecktarnung noch nicht viel zu sehen, aber soviel war doch erkennbar: Der neue Astra wird kürzer, schmaler, niedriger, hat einen leicht kürzeren Radstand, aber trotzdem einen größeren Knieraum für die Hinterbänkler. Und der Neue verliert seine Pausbacken.

Der neue Opel Astra macht keine dicken Backen mehr, um dem Wettbewerb oder den Nachbarn zu imponieren. Die Rüsselsheimer haben ihrem neuen Kompakten einen komplett anderen Charakter verpasst. Selbst die Flecktarnung kann die klareren, geraderen und senkrechteren Linien nicht verbergen. Die A-Säule steht nun ein bisschen steiler, das Dreiecksfenster wird zierlicher und insgesamt verbesserten die Techniker – so ganz gegen den aktuellen Trend – die Rundumsicht.

Was der neue Charakter fürs Fahren bedeutet, wird schon nach ein paar Metern am Steuer und den beiden ersten engen Kurven klar: Hat man sich bisher darum bemüht, viel Auto fürs Geld zu bieten, bekommt der Astra-Kunde dafür in Zukunft mehr Raum und mehr Fahrspaß fürs Geld.

Zur neuen Philisophie gehört auch die Entscheidung, im Astra nur neue Motoren einzusetzen, der älteste im Portfolio ist der neue Diesel vom Frühjahr 2014, den die Rüsselsheimer so gern „Flüsterdiesel“ nennen. Wir fuhren jetzt den Dreizylinder 1.0 Ecotec mit 77 kW / 105 PS und einem maximalen Drehmoment von 170 Newtonmetern (Nm) im Vergleich zum immer noch aktuellen Einsteigermotor, den 1,4-Liter-Vierzylinder mit 85 kW /115 PS und 155 Nm. Dieser 1,4-Liter-Sauger wird in Deutschland immer noch in rund einem Zehntel aller Astra ausgeliefert.

Auf den engen Landstraßen mit ebenso engen Kurven ließ der Neue trotz der geringeren Motorleistung dem aktuellen Astra keine Chance. Noch so heftiges Rühren im Fünf-Gang-Getriebe und volles Ausdrehen des Motors brachten den Vorgänger nicht näher heran.

Einer der Gründe liegt sicher im geringeren Gewicht des neuen Astra. Zwischen 120 kg und 200 kg sind die einzelnen Varianten leichter. In der Einstiegsversion soll er nur knapp über 1200 Kg wiegen. Aber es ist nicht das Gewicht allein. Der neue direkteinspritzende Turbo-Benziner lässt den größeren Sauger alt aussehen. Außerdem fährt sich der Neue viel agiler: Die Lenkung arbeitet direkter. Das Einlenken geschieht sanft und genau. Ein Untersteuern lässt sich kaum noch provozieren. Wanken fällt nicht mehr ins Gewicht. Genau in diesen Eigenschaften steckt der Kern des neuen Charakters – und das schon beim schwächsten Triebwerk des zukünftigen Angebots

Opel vermutet, dass der neue 1,4-Liter-Turbo mit 106 kW / 145 PS und 235 Nm der am meisten gekaufte Motor werden wird. Den verglichen wir mit seinem Vorgänger mit 103 kW / 140 PS und 200 Nm. Im Prinzip kam dabei dasselbe Ergebnis heraus, nur eindrucksvoller, weil schneller. Wir sind nicht allzu viele Kilometer mit den beiden Motorversionen gefahren, konnten aber am Ende auf dem Display des Bordcomputers einen Verbrauchsvorteil für den neuen Motor in der Größenordnung von einem Liter ablesen.

Ganz sicher kann der neue Astra also einen Punkt in der Liste der strategischen Aufgaben abhaken: Bessere Effektivität haben wir jetzt erlebt. Mit der Bewertung des Design werden wir uns vermutlich noch bis zu IAA im September in Frankfurt gedulden müssen. Bei der ebenfalls geforderten Konnektivität wissen wir, was Astra-Kunden da erwarten können: Das umfassende Concierge-System On Star.

Zurück zur Fahrzeugtechnik. Der dickste Brocken beim Kampf um niedriges Gewicht war die neue Rohkarosse, deren Gewicht von 357 Kilogramm auf 280 kg sank. Mit dieser Abnahme konnten auch andere Komponenten in der Dimension zurückgefahren werden: Fahrwerk, Bremsen, Reifen und Achsen. Das brachte noch einmal rund 50 Kilogramm bei verbessertem Leistungsvermögen. Der Rest war Kampf ums Gramm.

Die kleineren ungefederten Massen des Fahrwerks und die bessere Achslastverteilung auf 60:40 nach 65:35 auch durch den Einbau der Batterie hinter der Hinterachse führt zu einem Fahrverhalten, das in jeder Situation überzeugt. Dennoch war das Fahrverhalten der Grund, Marc Schmidt, dem Chief Engineer Astra ein paar Fragen zu stellen, zum Beispiel die, warum der Astra keine verstellbaren Dämpfer habe. Die Antwort fiel knapp aus. „Haben Sie die vermisst?“ Klare Antwort: Nein. Es wird kein Doppelkupplungsgetriebe geben. Auch dazu hat Schmidt die passende Antwort: „Fahren Sie erst einmal unsere neue Wandlerautomatik. Sie werden ein DSG nicht vermissen.“ Und was wird aus dem so gepriesenen Wattgestänge an der Hinterachse? Es bleibt für die stärkeren Motoren an Bord.

Einer der Prototypen verfügte über eine Sporttaste, mit der man die Lenkung direkter und die Gaspedal-Kennlinie schärfer schalten kann. Die Reaktion ist spürbar. Aber das normale Fahrverhalten ist bereits so gut, dass es zwar nett ist, die Funktion zu kennen, aber man braucht sie nicht. Der neue Astra zeigt sich auch so als durchtrainierter Kompakter mit Hang zum Sportlichen. Mit seinem Fahrverhalten wird der Astra zu den beiden Besten dieser Klasse aufgeschließen.

Und vorbildlich soll der Astra auch sein. Wachsen Technologien sonst von oben nach unten durch die Fahrzeugklassen, werden die Rüsselsheimer mit Intellilux nun in der Kompaktklasse LED-Scheinwerfer anbieten, die mit der Matrixtechnik arbeiten. Bei Fernlicht blenden die Scheinwerfer also den Verkehr vor dem Auto aus, vorausfahrenden wie entgegenkommenden. Zum Paket gehören auch ein adaptives Kurvenlicht und die Hecklampen in LED-Technik. Da die Matrixschweinwerfer in der Aufpreisliste die bisherigen Xenon-Lampen ersetzen sollen, wird der Preis für die Matrix-LED-Technik nur wenig höher liegen, bei geschätzt 1350 Euro. Damit wird der neue Astra noch ein Alleinstellungsmerkmal bieten können. (ampnet/Sm)

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