Sehr erstaunt sei Franz Josef Strauß gewesen, als er zum ersten Mal der neuen Luxuslimousine von BMW ansichtig wurde. Bei Mercedes-Benz, so der Legende nach, habe man ihm berichtet, dass BMW ein solches Auto überhaupt nicht bauen könne. Die Münchener konnten es, und sie etablierten sich gleichzeitig mit einem Schlag als gleichberechtigter Konkurrent der S-Klasse von Mercedes-Benz. Zwei Jahre später kam der Zwölfzylinder, der die Fachwelt mit ungewöhnlich hohen Einbauraten erstaunte. Die Stuttgarter mussten nachziehen.

Fünfzehn Jahre später machte der 7er erneut von sich reden – doch diesmal war das Echo gespalten. Die pummelige Form der Baureihe E65 rief massive Kritik der Fangemeinde hervor, und der Acht-Wege-Bedienknopf des iDrive-Systems ließ manchem Besitzer den Geduldsfaden reißen. Seitdem ist der 7er noch größer und schwerer geworden; gleichzeitig ist die Dynamik der ersten drei Modellgenerationen verlorengegangen.

Um wieder einmal positive Schlagzeilen zu generieren, hat sich BMW bei der neuen, nunmehr sechsten Modellgeneration des 7er auf klassische Tugenden besonnen: Agilität, Leichtbau, die vielbeschworene Freude am Fahren. Noch ist die Form des großen BMW geheim; wir durften auf dem Testgelände im französischen Miramas allerdings schon einmal Platz nehmen. Wie der 7er dann endgültig aussieht, erfahren wir vermutlich erst im Spätsommer. Soviel sei verraten: Die Formensprache hat sich evolutionär weiterentwickelt, sie wirkt niedriger und weniger barock als vorher.

Kleiner ist das Auto allerdings nicht geworden, und das geht in diesem Segment auch gar nicht. Wichtigste Zielgruppe für den 7er sind nicht mehr deutsche Ärzte oder Anwälte, die es im Auftritt gerne etwas bescheidener hätten, sondern chinesische und amerikanische Geschäftsleute, denen ihr Fahrzeug als rollender Kontoauszug dient – und die seinen Komfort gerne auch im Fond genießen wollen.

Der Konkurrenzkampf ist gnadenlos: Neben der neuen S-Klasse von Mercedes-Benz, die im Segment als Messlatte dient, stehen Neuauflagen von Audi A8 und Lexus LS vor der Tür; Jaguar feiert mit dem XJ nicht nur Achtungserfolge. Zudem hat sich der Porsche Panamera als Luxuslimousine etabliert, und der Erfolg des Tesla Model S hat die Branche kalt erwischt. In diesem Umfeld wagt Projektleiter Walter Schindlbeck eine selbstbewußte Ansage: Man wolle mit dem neuen 7er die Spitzenposition beweisen.

Um den Anspruch zu belegen, gewährt BMW schon weit vor dem Serienstart tiefe Einblicke in die Technik. Leichtester seiner Klasse sei der 7er, und tatsächlich ist es den Münchenern gelungen, im Vergleich zum Vorgängermodell 200 Kilogramm abzuspecken. Eine innovative Mischbauweise mit verschiedenen Stählen, Aluminium und Kohlefaser-Verbundstoff spart alleine bei der Karosserie 40 Kilogramm ein.

Besonders stolz ist man auf das „Carbon Core“-Konzept. Dabei werden drei verschiedene Kohlefaser-Gewebe eingesetzt und der Stahl teilweise direkt mit dem teuren Faserwerkstoff verklebt. In die seitlichen Dachholme ist ein rohrartiges Kohlefaser-Profil verbaut; wie genau diese Teile gefertigt werden, will BMW nicht verraten.

Die Achsträger vorn und hinten sind aus Aluguss, der Motorträger aus Alu-Strangprofilen. Beim Dämm-Material wurden 12 Kilogramm eingespart, die Bremsanlage ist ebenfalls deutlich leichter.

Von den 200 Kilogramm Einsparung bleiben letztlich noch 130 Kilogramm übrig, denn neue Sicherheitsvorschriften und weitere Assistenzsysteme fordern ihren Tribut in Form von 70 neu hinzugekommenen Kilogramm.

Das Mehrgewicht ist gut investiert, denn bei den Assistenzsystemen macht den Münchnern in Zukunft kaum jemand etwas vor. Die Schilder-Erkennung funktioniert jetzt deutlich besser; auf dem Navigationssystem wird die nächste Tempoänderung angezeigt, sie kann im Tempomat per Taste bestätigt werden.

Die Infotainment-Systeme können in Zukunft auch per Gestensteuerung bedient werden; wer mit den Finger in der Luft dreht, kann so beispielsweise die Lautstärke anpassen. Das System erkennt Bewegungen auf das Armaturenbrett hin ebenso wie Wischbewegungen, mit denen beispielsweise Anrufe angenommen oder abgelehnt werden können.

So viel Neuerungen dürften den einen oder anderen Kunden befremden, weshalb der 7er verschiedene Steuerungsmethoden zur Verfügung stellt. Wer sich an sein iDrive-System gewöhnt hat, kann auch in Zukunft auf gewohnte Art in die Systeme eingreifen; zudem werden Bildschirme berührungsempfindlich ausgelegt.

Übrigens kann die ausladende Limousine auch dann automatisch einparken, wenn sie der Fahrer bereits verlassen hat – etwa weil er sich nicht in einer engen Lücke oder Garage aus dem Auto herauszwängen möchte. Das funktioniert per Fernbedienung; das Auto bewegt sich nur dann, wenn es der Fahrer will.

Nachdem BMW in den letzten Jahren reichlich Kritik dafür eingesteckt hat, dass Sportlichkeit nur noch eine Nebenrolle spielt, haben sich die Entwickler dem Fahrwerk mit besonderem Ehrgeiz gewidmet. Man hat die ungefederten Massen verringert, die Lenkung ist – außer in der Mittellage – direkter, und es gibt eine Wankstabilisierung, die gerade noch so viel Seitenneigung zulässt, um das Fahrverhalten nicht künstlich erscheinen zu lassen. Eine um bis zu 2,5 Grad mitsteuerende Hinterachse lenkt bei Spurwechseln parallel zur Vorderachse, wodurch das Auto bei hohen Geschwindigkeiten deutlich stabiler ist. Im Slalom lenkt die Hinterachse gegenläufig und steigert damit deutlich spürbar die Agilität.

Die höhere Dynamik bedeutet allerdings nicht, dass der 7er zum brettharten Sportler geworden ist. Ganz im Gegenteil: Im Modus „Comfort+“ schwingt das Auto sogar nach, um ein sänftenartiges Fahrgefühl zu erzeugen – angeblich auf Wunsch der Chinesen und Amerikaner. Insgesamt stehen die fünf Modi „Eco Pro“, „Comfort“, „Comfort+“, „Sport“ und „Adaptiv“ zur Verfügung – mit einer Spreizung zwischen den Extremen, die viel größer ist als bisher.

Am eindrucksvollsten ist dabei der adaptive Modus, in der 7er völlig intuitiv und nahezu ideal das jeweils passende Fahrprofil schaltet. Dabei bezieht das System nicht nur den Fahrstil ein, sondern auch den per Navigation bekannten Straßenverlauf sowie zusätzliche, durch Kameras und Sensoren erfasste Informationen. Das System arbeitet unmerklich – und hat uns völlig überzeugt.

Unter der Haube stecken übrigens weiterhin Reihensechszylinder oder der bekannte V8-Benziner. Ein Plug-in-Hybrid sowie der obligatorische V12-Biturbo sind fest eingeplant. Später wird das Modellprogramm um zwei weitere Einstiegsvarianten erweitert: Es handelt sich um Vierzylinder-Benziner und -Diesel.

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